Wir haben es geschafft! 39 Stunden Zugfahrt liegen hinter uns. 39 Stunden, die wir teilweise verflucht, teilweise genossen haben. Ein richtiges Wechselbad der Gefühle. Und dabei begann alles so harmlos …
Als wir den Red Seat Waggon, quasi die Holzklasse des Indian Pacifics, betraten, waren wir positiv überrascht. Das Großraumabteil war zu weniger als zwei Dritteln belegt und die Sitze boten weitaus mehr Platz als wir erwartet hatten. Die Rückenlehnen konnten wir sogar so weit zurückstellen, dass zumindest ein Großteil unseres Körpers bequem in der Waagerechten lag. Das Einzige, was noch zur Perfektion fehlte, war eine Ablage für die Beine. Die mussten wir uns provisorisch aus einer kleinen Tasche und Wasserflaschen selbst basteln.

Unser Abteil im Indian Pacific
Unsere Mitreisenden entpuppten sich als recht angenehme Zeitgenossen. Wir saßen ganz hinten rechts in der Ecke, was den Vorteil hatte, niemanden hinter sich sitzen sowie alles im Auge zu haben. Neben uns saßen zwei ältere Herren aus den USA, schräg gegenüber eine ältere alleinreisende Dame aus Australien und vor uns ein älteres koreanisches Pärchen. Wenn wir den Altersdurchschnitt in unserem Abteil schätzen müssten, würden wir auf 50 plus tippen. Damit waren wir aber noch das mit Abstand jüngste Abteil des ganzen Zugs :-).
Mit dem koreanischen Pärchen waren wir trotz Sprachbarrieren direkt auf einer Wellenlänge. Zum einen war ihre Provianttasche noch größer als unsere, zum anderen fingen auch sie bereits nach fünf Minuten Fahrtzeit an zu essen. Wenn es nicht an der Verständigung gehapert hätte, hätten wir uns wunderbar über Essen unterhalten können. Am Anfang war der Wille noch da: Die Frau drehte sich zu uns um, strahlte uns an und murmelte etwas, das wohl Englisch sein sollte. Ihr Mann probierte es einfach direkt auf Koreanisch. Da unser Koreanisch jedoch genauso gut ist wie unser Kisuaheli, bestand unsere Unterhaltung ab sofort nur noch aus Handzeichen und Lächeln 🙂
19 Uhr – Abfahrt
Als die Fahrt gegen 19 Uhr endlich losging, war es bereits stockdunkel und an eine schöne Aussicht nicht mehr zu denken. Schade! Diese Tatsache wurde um 22:00 Uhr noch getoppt, als plötzlich sämtliche Lichter im Zug ausgingen. Damit war es nicht nur draußen, sondern auch drinnen dunkel. Wie alle anderen versuchten wir, das Beste aus der Situation zu machen und zu schlafen. An richtigen Schlaf war allerdings nicht zu denken. Es war eher ein „Vor-sich-Hindümpeln“, das ab und zu von kleinen Schlafphasen durchzogen wurde. Das Gewackel und die Geräuschkulisse waren einfach zu hoch und auch der Liegesitz entpuppte sich nach ein paar Stunden als nicht mehr ganz so bequem wie zu Beginn der Reise. Zumindest empfanden wir es so, andere Mitreisende hörten wir die ganze Nacht friedlich durchschnarchen :-).
Der nächste Morgen
Am nächsten Morgen waren die Strapazen der Nacht jedoch bald vergessen, als sich uns eine tolle Landschaft bot: urige Bäume auf rotem Boden! Genau so hatten wir uns Australien vorgestellt. Nach nur wenigen Stunden verwandelte sich die Landschaft allerdings in ein mittelbraunes Nichts – wir hatten die Nulllabor-Ebene erreicht. Eine karge Einöde, die lediglich von niedrigen Sträuchern bedeckt ist. Diese sollte uns nun fast bis Perth begleiten. Ganz schön langweilig. Und so hatten wir irgendwann nicht mehr so recht Lust und wurden quengelig. Sitzen war unbequem, liegen war auch nicht besser, zu sehen gab es erst stundenlang nichts und dann wurde es auch schon wieder dunkel. Zum Glück kamen wir kurz darauf mit einer jungen Deutschen ins Gespräch, die bereits seit Januar durch Australien reist und uns interessante Anekdoten erzählte. So verging die Zeit dann doch auf einmal recht schnell. Als wir am nächsten Morgen aufwachten und uns Perth näherten, bildeten wir uns sogar kurz ein, dass wir gerne noch weiter fahren würden :-).
PS: Ein Highlight war übrigens die in einem Stück gegossene Duschkabine, die nicht viel größer war als eine Flugzeugtoilette. Während des Duschens störte das Gewackel des Zugs kaum. Nicht so leicht war es hingegen, danach trockenen Fußes in unsere Kleidung zu schlüpfen :-).
1 Kommentar
Euer Beitrag erinnert mich an folgende Passagen aus meiner Kindheit:
Was rennen denn die Leute so,
was ist denn nur los?
Die Menge stürmt den Bahnhof,
Mensch, was soll das denn bloß?
Da ratter`s und da knattert`s und dann geht`s auch schon los.
Das ist `ne Wochenendfahrt.
Tütt Tütt
:O)