Wir sind verliebt – und zwar in ein Manatee-Baby aus Crystal River. Die rund zwei Meter große Seekuh kam uns heute beim Schnorcheln so nah, dass wir ihr tief in ihre kleinen Knopfaugen schauen konnten. Ein einmaliges Erlebnis, das wir nie vergessen werden. Aber von vorne …
Crystal River, das Winterquartier der Seekühe
Jedes Jahr im Winter, wenn die Temperaturen sinken und das Wasser im Golf von Mexiko kühler wird, zieht es unzählige Rundschwanz-Seekühe in die seichten Gewässer rund um Crystal River in Florida. Süßwasser wohlgemerkt! Seekühe können sowohl im Salzwasser als auch im Süßwasser sowie im Brackwasser leben. Unnützes Expertenwissen, aber irgendwie interessant, oder?
Wer also eine Seekuh in freier Wildbahn sehen möchte, hat hier gute Karten. Am besten geht es natürlich vom Wasser aus. Zum Beispiel beim Schnorcheln. Und genau das stand heute auf unserer Tagesordnung.
Der frühe Vogel sieht das Manatee
Schon von Deutschland aus haben wir eine Tour beim Anbieter River Ventures gebucht – und zwar die frühe Tour um 7:15 Uhr. War zwar ganz schön fies, als der Wecker um 5:45 Uhr klingelte, aber was sein muss, muss sein :-). Zum einen ist angeblich morgens die Chance höher, Manatees zu finden. Zum anderen sind dann noch nicht so viele andere Schnorchler unterwegs.
Pünktlich trafen wir bei River Ventures ein. Insgesamt waren wir zu sechst: ein Pärchen aus Kalifornien, ein älterer Herr aus Westaustralien, sein Freund aus Südafrika und wir beide. Doch vor dem Vergnügen kam wie immer die Arbeit: Bevor es richtig losging, wurden wir im korrekten Umgang mit den Seekühen geschult. Erst von einer netten Dame mit lustigen, aber mahnenden Worten, dann von einem Video. Aber ist ja auch richtig so. Wir wollen den Tieren schließlich nicht schaden.
Das Manatee darf alles, wir dürfen nichts
Eines wurde uns dabei regelrecht eingebläut und ist beim Schnorcheln mit den grauen Riesen immer oberstes Gesetz: Das Manatee darf alles, wir dürfen nichts!
- Tauchen ist verboten! Sind die Tiere am Boden, schlafen oder fressen sie und wollen bestimmt nicht von Touristen gestört werden.
- Schnelles Hinterherschwimmen ist verboten! Schließlich wollen wir den Manatees Raum geben und ihren Rückzug respektieren.
- Lautes Rufen ist verboten! Der Lärm kann den Tieren Angst einjagen.
- Mit den Beinen paddeln ist verboten! Wildes Paddeln verbreitet viel zu viel Hektik und vertreibt die Tiere. Fortbewegen also nur mit sanften Bewegungen der Arme.
- Anfassen ist ebenfalls verboten! Generell soll ein Abstand von mehreren Metern eingehalten werden. Es sei denn natürlich, die Seekuh kommt direkt zu dir. Dann ist es erlaubt, sie vorsichtig mit der flachen Hand zu berühren.
Das einzige, das wir quasi dürfen, ist auf unserer Schwimmnudel zu treiben, den Kopf unter Wasser zu halten und durch die Taucherbrille die Tiere zu beobachten. Beachten wir die Regeln nicht, ist es mit dem Ausflug schnell für uns vorbei. Ok, wir haben verstanden!
Es kann losgehen – Manatees, wir kommen!
Jetzt wurde es ernst. Neoprenanzug an und los ging’s. Mit einem kleinen Transporter wurden wir zum Hafen gebracht. Mein Gott, waren wir aufgeregt! Erstens gibt es nie eine Garantie, Seekühe zu finden – auch in Crystal River nicht. Zweitens waren wir noch nie richtig schnorcheln. Und drittens sind Rundschwanz-Seekühe ganz schön groß. Bis zu 4,5 Meter lang und 500 Kilogramm schwer – das sind schon beeindruckende Maße. Ob wir uns überhaupt ins Wasser trauen, wenn es wirklich so weit ist?
Am Hafen angekommen, wurden wir von der Crew begrüßt. Da waren Kapitän Wade, Schnorchelguide Mike und eine Frau, deren Namen und Funktion wir leider nie ganz verstanden haben ;-). Insgesamt waren wir also zu neunt. Sechs Touristen und drei Crewmitglieder. Eine echt angenehme Größe. Nett waren sie alle und spätestens nach der Begrüßung „Herzlich willkommen auf der Alligatortour ;-)“ fühlten wir uns richtig wohl.
Rund 15 Minuten tuckerten wir durch die Kanäle, dann war es soweit. Manatees! Taucherbrille auf und alle Mann von Bord – bis auf Wade natürlich ;-). Das Ganze ging so schnell und wir standen so unter Strom, dass wir uns gar keine Gedanken mehr darüber machen konnten, ob wir uns trauen oder nicht. Ruckzuck waren wir im Wasser und paddelten mehr oder weniger elegant auf unserer Schwimmnudel Mike hinterher. Wie ihr wisst, nur mit den Armen ;-). Doch dank der Schwimmnudel und des Neoprenanzugs, der ein bisschen Auftrieb verleiht, kamen wir recht gut voran.
Keine Panik, sie sind Vegetarier
Dann der große Moment: Da waren sie, zwei Manatees! Ein Baby mit ihrer Mutter. „Ach du Sch****, sind die groß“, war Sandras erster Gedanke. Meiner war: „Keine Panik, sie sind Vegetarier!“ :-). Zum Glück interessierte sich die große Seekuh mehr fürs Seegras als für uns und so legte sich die erste Aufregung schnell wieder. Nach ein paar Minuten waren wir so gefangen von den friedlichen Wesen, dass wir keinerlei Angst mehr hatten. Selbst dann nicht, als die große Seekuh nur wenige Zentimeter unter uns herschwamm. In dem Moment haben wir uns nur gefragt, was wohl passiert, wenn sie ausgerechnet jetzt zum Luftholen auftaucht?!? Manatee-Riding? Denn eins steht fest: Befindet sich das Manatee so nah unter dir, kannst du dich nur noch treiben lassen und den Moment genießen. Bewegen geht dann nicht mehr, ohne das Manatee zu stören.
Auf Tuchfühlung mit dem Manatee-Baby
Die Zeit verging wie im Flug. Anderthalb Stunden waren wir im Wasser und haben insgesamt sechs Manatees gesehen. Darunter zwei Kälber, von denen eins so neugierig war, dass es immer wieder zu uns schwamm. Dabei kam es uns so nah, dass uns nichts anderes übrig blieb, als es zu berühren. Es schwamm uns nämlich ständig an. Anscheinend war es neugierig und hat schnell gemerkt, dass von uns keinerlei Gefahr ausging. Zudem sind Manatees unheimlich kurzsichtig. Und so musste das Kalb schon näher kommen, um uns richtig sehen zu können. Doch warum auch immer das Manatee-Baby zu uns kam, es war ein Erlebnis, dass wir nie vergessen werden. Und sollten wir wieder einmal in der Nähe von Crystal River sein, werden wir die Tour bestimmt noch einmal buchen. Die 64 Dollar pro Person waren die beste Investition seit langem!
Zu guter Letzt ein kleines Video mit mir und dem Seekuh-Baby. Leider vieeel zu kurz …