Eine Wanderung zur Chinesischen Mauer, ein Besuch der Panda-Aufzuchtstation in Chengdu und ein Tai-Chi-Kurs in Peking: So hatten wir uns unseren Sommerurlaub 2020 ursprünglich vorgestellt. Stattdessen gab es Matjesbrötchen, eine steife Brise auf der Seebrücke und Möwengeschrei in Heiligenhafen. Kontrastreicher kann es fast nicht sein! Doch wir sind natürlich froh, dass wir überhaupt in den Urlaub durften – und die deutsche Ostseeküste ist immer eine gute Wahl.
China –> Schottland –> Heiligenhafen
Ehrlich gesagt war Heiligenhafen erst unsere dritte Wahl. Ursprünglich sollte es ja nach China gehen. Die Reise hatten wir lange geplant – und uns auch sehr darauf gefreut. Doch als im Januar die Nachrichten über Corona immer mehr zunahmen, wurde uns die Aussicht auf eine Reise ins Epizentrum des Virus etwas heikel und wir warfen unsere Reisepläne über den Haufen. Unsere neue Idee: Schottland. Liegt in Europa, ist nicht weit von Deutschland entfernt, viel Natur, was sollte da schon schiefgehen? Dachten wir zumindest. Wer konnte bitte im Februar ahnen, welche Ausmaße Corona annehmen würde? Und so blieb uns im Endeffekt nichts anderes übrig, als erneut umzuplanen: Dieses Mal fiel unsere Wahl auf Heiligenhafen an der deutschen Ostsee.
Urlaub in Heiligenhafen – Glück im Unglück
Zu unserer Schande müssen wir gestehen, dass wir Heiligenhafen zunächst eher wegen des Hotels als wegen des Ortes ausgewählt haben. Doch als wir im Mai online auf Hotelsuche gingen, war die Auswahl an verfügbaren Unterkünften an den Ostseestränden etwas mau. Und so waren wir froh, als wir das Hafenhotel Meereszeiten in Heiligenhafen entdeckten. Aufgrund der super Bewertungen buchten wir einfach, ohne uns näher mit dem Ort zu beschäftigen. Heiligenhafen liegt am Meer und das Hotel direkt am Hafen – diese Infos reichten uns erstmal. Und so ging es am Montag statt per Flugzeug ins exotische China mit dem Auto an die deutsche Ostseeküste. Etwas mehr als 5 Stunden Fahrt von Essen aus. Geht also noch.
Urlaubsplanung vs. Urlaubserlebnisse
Schon bei der Ankunft merkten wir direkt, dass dies definitiv ein anderer Urlaub wird als die ursprünglich geplante Chinareise. In Heiligenhafen ticken die Uhren definitiv noch anders. Hier wird in Ruhe gebummelt und geklönt. Es geht einfach gemächlich zu. Wobei dies keineswegs negativ gemeint ist. Im Gegenteil: Heiligenhafen hat uns super gefallen, so entspannt waren wir lange nicht mehr. Wir können das Küstenstädtchen wärmstens empfehlen!
Dennoch klaffen unsere ursprüngliche Urlaubsplanung und unsere tatsächlichen Urlaubserlebnisse natürlich weit auseinander. Daher möchten wir uns einen kleinen, nicht ganz ernst gemeinten Vergleich zwischen China und Heiligenhafen nicht nehmen lassen – bitte mit einem Augenzwinkern lesen ;-):
Seebrücke in Heiligenhafen statt Chinesischer Mauer
Ein Ziel, das wahrscheinlich jeder China-Besucher gerne einmal mit eigenen Augen sehen möchte, ist die Chinesische Mauer. Ein beeindruckendes Bauwerk mit einer Länge von 21.196 Kilometern (!), dessen Anfänge im 7. Jahrhundert v. Chr. liegen. Darauf hatten wir uns gefreut – stattdessen bekamen wir: die Seebrücke von Heiligenhafen. 435 Meter lang, eingeweiht im Sommer 2012. Das sind natürlich etwas andere Zahlen.
Dennoch wurde die Seebrücke schnell zu einem unserer Lieblingsorte. Einfach herrlich, über die Holzplanken zu schlendern, aufs Meer zu schauen und sich den Wind um die Nase wehen zu lassen. Das Beste auf der Brücke: die gemütlichen Sitzgelegenheiten. Generell ist uns dies in Heiligenhafen positiv aufgefallen. Es gibt überall Bänke oder Liegestühle aus Holz – wirklich schön, um mal die Seele und auch die Beine baumeln zu lassen.
Plattdeutsch statt Chinesisch
Zwar hatten wir uns bereits die wichtigsten chinesischen Begriffe herausgesucht, dennoch wäre die Verständigung in China wahrscheinlich zum größten Abenteuer geworden. Zumindest außerhalb der großen Städte. In Heiligenhafen hatten wir mit der Sprache natürlich kein Problem :-). Echtes Plattdeutsch haben wir allerdings kaum gehört, wenn überhaupt nur gelesen. Und da es mit dem Niederländischen verwandt ist, konnten wir es gut verstehen. Witzig fanden wir die Bezeichnung Snuten-Pulli für die Mund-Nase-Maske – auch wenn dies natürlich kein echtes Plattdeutsch ist.
Fahrradtour nach Fehmarn statt Fahrradtour durch Xian
Die chinesische Stadt Xian ist vor allem für seine Terrakotta-Armee bekannt. Zirka 6.000 handgeformte Soldaten gibt es hier in Lebensgröße zu bestaunen. Nachdem wir dies ausgiebig und brav getan hätten, wäre es für uns mit dem Fahrrad weitergegangen über die alte Stadtmauer von Xian. So der Plan.
Stattdessen ging es für uns mit dem Fahrrad von Heiligenhafen nach Burg auf Fehmarn. Hin und zurück rund 43 Kilometer. Damit also gut machbar – selbst als ungeübter Fahrradfahrer und ohne Elektroantrieb ;-). Die Strecke ist gut ausgeschildert und führt vorbei an Mohn- und Haferfeldern sowie Ortschaften wie Großenbrode. Als Höhepunkt im wortwörtlichen Sinn führt sie über die Fehmarnsundbrücke, die Fehmarn mit dem Festland verbindet. Von dort oben aus hatten wir einen wunderschönen Ausblick auf die Ostsee – nur die Baustelle mitten auf der Brücke sowie die vorbeirasenden LKW haben die romantische Stimmung etwas getrübt ;-).
Also ging es fix weiter zu unserem Hauptziel: dem mittwöchlichen Wochenmarkt in Burg. Leicht ausgepowert kamen wir dort an. Aber der Weg hat sich gelohnt. Der bekannte Stadtteil von Fehmarn ist niedlich. Überall Kopfsteinpflaster und viele kleine Geschäfte. Gelohnt hat es sich allerdings auch, mit dem Fahrrad zu kommen. Denn die Autofahrer wirkten bei der Parkplatzsuche in der Innenstadt etwas genervt …
Übrigens: Ratet mal, wie viele Einwohner die Inselmetropole hat? Richtig. Zirka 6.000 – Menschen natürlich, keine Terrakotta-Soldaten ;-).
Vogelschutzgebiet statt Panda-Aufzuchtsstation
Egal, wo wir auf der Welt sind: Ich liebe es, Vögel zu beobachten. Entdecke ich dabei eine Art, die ich vorher noch nie gesehen habe, schlägt mein kleines Hobby-Ornithologen-Herz schneller. In Heiligenhafen waren wir daher genau richtig. Hier gibt es auf der vorgelagerten Halbinsel Graswarder ein großes Vogelschutzgebiet, das wir einmal am Tag besucht haben – natürlich nur auf den öffentlich freigegebenen Wegen. Eine echte Ruheoase, in der außer Vogelgezwitscher und Möwengekreische kaum etwas los war. Der Nachteil für Vogelbeobachter bei so einem großen Schutzgebiet: Die Vögel waren relativ weit weg. Da half selbst das Fernglas nicht viel. Dennoch habe ich im Urlaub zwei für mich neue Arten entdeckt: den Säbelschnabler und den Bluthänfling :-). Mit Fotos kann ich leider nicht dienen.
Doch Vögel hin oder her. Die größte Panda-Aufzuchtstation der Welt zu besichtigen, wäre definitiv eins unserer Higlights auf der Chinareise gewesen. Zu gerne hätten wir mehr über Pandas erfahren und Panda-Babys aus der Nähe gesehen. Aber vielleicht bekommen wir ja irgendwann noch einmal die Gelegenheit dazu.
Softeis mit Lakritz-Streuseln statt Ente Süß-Sauer
Vor Corona waren wir definitiv wagemutiger, was fremdes Essen angeht. Wir hätten in China bestimmt so einiges probiert. Selbst wenn wir nicht genau gewusst hätten, was es ist. Das würden wir jetzt – falls wir denn mal eines Tages nach China fahren – nicht mehr so unbedarft machen. Schade.
In Heiligenhafen war uns das Essen natürlich vertraut. Hier gibt es die typischen Fischgerichte, die es überall entlang der Nord- und Ostseeküste gibt. Matjes- und Backfischbrötchen, Fischfrikadellen und Kibbeling etc. Dazu Pommes mit Mayo oder Ketchup – lecker und genau passend für einen Urlaub am Meer. Aber nichts Unbekanntes. Das gibt es selbst im Ruhrpott. Dennoch haben wir eine Sache gefunden, die wir in Deutschland so bislang wirklich nur an der Ostsee gesehen haben: Softeis mit Salmiak-Lakritz-Streuseln. Ein Traum, dieses süße Eis mit dem salzigen Lakritz, von dem jedoch leider ein Drittel immer gegen die Schwerkraft verliert und auf dem Boden landet. Nach dem dritten Eis waren wir zum Glück schon Profis. Sobald das Eis überreicht wird, schnellstmöglich hinsetzen, Beine auseinander und weit vorbeugen. Das verhindert zwar kein Kleckern, aber so bleibt wenigstens die Kleidung verschont ;-).
Fazit: China vs. Heiligenhafen
Heiligenhafen ist ein wirklich toller Ort und definitiv zu schade, um ihn nur als Lückenbüßer anzusehen. Wir waren richtig wehmütig, als wir nach 5 Tagen wieder aufbrechen mussten. Die gemütliche Atmosphäre und die frische Meeresluft vermissen wir bereits jetzt. Bevor wir jedoch noch einmal in das Ostsee-Örtchen fahren, möchten wir natürlich erst unsere Reise nach China nachholen – und dann einen echten Vergleich starten ;-).
2 Kommentare
Moin aus Heiligenhafen…
Interessanter Bericht. 😉
Nur kurze Info:
Die „gestreiften Kühe“ sind Black Belted Galloways. Eine robuste Rinderrasse, die ursprünglich aus Schottland stammt.
Die von Ihnen fotografierten Galloways gehören zu der Mutterkuh-Haltung in der Eichholzniederung. Sie leben dort ganzjährig auf den Salzwiesen des Naturschutzgebietes.
Auf dem Weg oberhalb der Steilküste bei dem Leuchtfeuer sind weitere Galloways. Die cremefarbenen „dun“.
Wünsche Ihnen allzeit gute Fahrt und viel Freude auf Ihren Reisen.
Hey, danke dir für die Info. Wieder was gelernt! Für nächsten Sommer haben wir übrigens erneut Heiligenhafen gebucht. Es hat uns einfach zu gut gefallen bei euch im Norden :-).